Die Stiftung Bührle
Von der Gründung zu den aktuellen Ausstellungen
1960-1980: Die ersten Jahre
Am 24. Februar 1960 gründeten die Witwe sowie Sohn und Tochter von Emil Bührle, Charlotte Bührle-Schalk, Dr. Dieter Bührle und Hortense Anda-Bührle die Stiftung Sammlung E.G. Bührle mit Sitz in Zürich. Sie übergaben der Stiftung ein Drittel der Kunstwerke aus dem Gesamtbestand der Sammlung aufgrund einer Teilung, die der Emil Bührle besonders nahestehende Kunsthändler Arthur Kauffmann, London, erarbeitet hatte. Finanziell brachte die Teilung rund drei Fünftel der vorhandenen Werte nach damaliger Schätzung in die Stiftung ein und stellte sicher, dass die vom Sammler angestrebte Struktur und Vollständigkeit in der Stiftung sichtbar blieben. Ein paar Gemälde und Skulpturen wurden der Stiftung zusätzlich zum Verkauf überlassen.
Die Sammlung der Stiftung wurde in einem ehemaligen Wohnhaus an der Zollikerstrasse 172 in Zürich eingerichtet. Es war dem Haus Emil Bührles benachbart, und Bührle hatte das erste Stockwerk zur Lagerung seiner Bilder und Skulpturen benutzt. Die Villa aus dem Jahr 1886 wurde als Ganzes zum Museum umgebaut und ab April 1960 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Kosten für Betrieb und Unterhalt des Museums trugen die Stifter.
1961 fand eine Ausstellung mit 78 Meisterwerken der Sammlung Emil Bührle in der Royal Scottish Academy in Edinburg und in der National Gallery in London statt. Eine kleinere Ausstellung folgte 1963 im Kunstmuseum Luzern und zeigte erneut Bilder sowohl aus dem Bestand der Stiftung und wie auch aus dem an die Familie gefallenen Teil der Sammlung. 1973 erschien in dem der Stifterfamilie gehörenden Artemis-Verlag ein wissenschaftlicher Gesamtkatalog der Stiftungs-Sammlung (2. Auflage 1986). 1976 wurde das Museum der Stiftung umfassend renoviert.
1990-2015: Welttournee und Präsenz zu Hause
1980 übernahm Hortense Anda-Bührle als Nachfolgerin ihrer Mutter das Präsidium der Stiftung. Sie veranlasste zum 100. Geburtstag des Vaters eine Tournee der Sammlung mit bedeutenden Bildern aus der Stiftung und aus Privatbesitz, die 1990-91 in der National Gallery of Art in Washington, im Musée des Beaux-Arts in Montreal, im Yokohama Museum of Art und in der Royal Academy of Arts in London gezeigt wurden. In dieser Zeit waren im Museum der Stiftung die Schweizer Bilder der Sammlung Bührle zu sehen.
Zwischen 1999 und 2002 war der Enkel des Sammlers, Dr. Christian Bührle, als Kurator der Stiftung verantwortlich für eine Reihe von Kabinett-Ausstellungen in den Räumen des Museums, in deren Mittelpunkt Bilder der Sammlung standen: Sisley und die Brücke von Hampton Court; Messaline und Toulouse-Lautrec aus Schweizer Sammlungen; Der Blaue Reiter.
2002 wurde Dr. Lukas Gloor als Direktor und Kurator mit der Leitung der Stiftung betraut. Im Verlag Linea d’Ombra erschien 2004-05 ein von ihm herausgegebener Gesamtkatalog der Sammlung. Ausserdem wurde die Tradition der kleinen Ausstellungen fortgesetzt (Van Gogh echt falsch; Mme Cézanne und die Sammlung Gertrude Stein). 130’000 Besucher sahen 2010 eine umfassende Ausstellung sämtlicher Werke der Sammlung im Bührle-Saal des Kunsthauses Zürich. Bei der Gelegenheit wurden erstmals Ergebnisse der von der Stiftung betriebenen Provenienzforschung der Öffentlichkeit vorgestellt.
Am 10. Februar 2008 wurde das Museum der Stiftung Opfer eines bewaffneten Raubüberfalls. Vier Hauptwerke der Sammlung von Cézanne, Degas, van Gogh und Monet wurden entwendet. Zwei davon wurden rasch wiedergefunden, die anderen wurden bei einer grossen Polizeiaktion im April 2012 in Belgrad fast unbeschädigt sichergestellt.
2015-2019: Die Sammlung auf Reisen
2014 übernahm Dr. Christian Bührle das Präsidium der Stiftung. Ende Mai 2015 schloss die Stiftung das Museum im Haus Zollikerstrasse 172, da es sich als unmöglich erwies, das Haus mit der nötigen Sicherheit für reguläre Öffnungszeiten auszurüsten. 2016 konnte die Stiftung bekannt geben, dass ihr 10 bedeutende Bilder aus der Sammlung Emil Bührles als Vermächtnis von dessen Sohn, Dr. Dieter Bührle, zugefallen waren. Der Bestand der Stiftung umfasst heute 203 Werke.
2016-17 waren 35 Werke der Stiftung zu Gast im Wallraf-Richartz-Museum in Köln. Die Ausstellung Von Dürer bis van Gogh: Sammlung Bührle trifft Wallraf vereinte Werke der beiden Sammlungen zu eindrücklichen Dialogen. 2017 wurde ein Überblick über die Sammlung in der Fondation de l’Hermitage in Lausanne gezeigt, 2018 folgte eine Tournee an drei Stationen in Japan (National Art Center, Tokyo; Kyushu National Museum, Fukuoka; Nagoya City Art Museum), die fast 800’000 Besucher anzog.
2019 wurde die Sammlung im Musée Maillol in Paris gezeigt, die erste Präsentation in der französischen Hauptstadt seit ihrem Bestehen. Kleinere Werkgruppen waren in Arles, Schaffhausen und Zürich zu sehen. Ausserdem schickte die Stiftung häufig Leihgaben einzelner Werke zu Ausstellungen in der Schweiz und in ganz Europa. Ausstellungen in Lugano und in Wien fielen dem Ausbruch der Corona-Pandemie zum Opfer.
Im Sommer 2021, kurz vor dem Einzug der Sammlung in den Chipperfield-Bau des Kunsthauses Zürich, legte die Sammlung Emil Bührle eine sorgfältig gestaltete und umfassende Geschichte der Sammlung vor. Die Sammlung Emil Bührle, Geschichte, Gesamtkatalog und 70 Meisterwerke wurde vom Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft, Zürich, herausgegeben und vom Hirmer Verlag in München produziert. Die vom Konservator der Sammlung verfasste, auf umfangreiches Quellenmaterial gestützte Darstellung verfolgt das Ziel, die Sammlung Emil Bührle als typischen Ausdruck des modernen Kunstsammelns in der Mitte des 20. Jahrhunderts zu verstehen. Als solche ist sie auch typisch für die Kunstpflege der Zeit in der Schweiz, und sie lässt sich mit vielen ähnlichen Sammlungen, nicht zuletzt in den USA, in Beziehung setzen.